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Sonntag 18. April 2004 Um 7 Uhr morgens wache ich auf, wie immer, weil das meine Aufstehzeit unter der Woche ist. Aber heute ist ja Sonntag, also drehe ich mich um und schlafe feste weiter. Klingeln an der Tür dringt in mein Traumbild, es dauert, bis ich so richtig wach bin. Wer kommt denn am Sonntagvormittag zu mir? Schnell schlüpfe ich in den Morgenrock, schaue durch den Spion an der Wohnungstür, durch ihn sehe ich durch die gläserne Haustür eine Silhouette, die kommt mir nicht unbedingt bekannt vor. Ich betätige den Türöffner, die Dame die draußen steht, fragt nach einer Pilzberatung, sie hält ein kleines Körbchen in der Hand: "Oh habe ich sie aus dem Bett geholt!" "Das macht nichts!" ich bitte die Frau auf die Terrasse zu gehen, ich käme gleich. Während ich mich in meine Kleidung werfe, rattern die Gedanken, nun ja es ist ja Morchelzeit, sollte jemand, außer mir, auch schon Morcheln finden? Oder sollte es Krause Glucke, das ist ein Nickname einer Chatterin aus dem Erzgebierge, sein? Sächsischen Dialekt habe ich aber nicht bemerkt..., egal ich trete auf die Terrasse. Das kleine Pilzkörbchen wird mir in die Hand gedrückt, bestückt mit verschiedensten Pilzen: Morchel, Austernseitling, Steinpilz, rosaporiger Steinpilz, Pfifferling und einer dicken Made, alles liebevoll aus bunter Wolle gestrickt!
Jetzt weiß ich wen ich vor mir habe! Das IST "Krause Glucke" aus dem Erzgebirge, seit Jahren chatten wir schon zusammen im Pilzechat und nun steht sie leibhaftig vor mir, die Freude ist groß. Ich mache Kaffee und wir ratschen, alles muss sehr schnell gehen Glucki, wie ich sie im Chat immer nenne heißt Carmen, sie muss wieder zurück in ihre Ferienwohnung in Erpfting, denn ihre Mutter und ihre Tochter sind mit dabei und sie muss zu Mittag kochen. Wir tauschen die Telefonnummern und geben sie in die Handys ein, ich werde am Nachmittag zu ihr fahren 15 Uhr machen wir aus, dann ist Carmen wieder weg. Ihren guten Ratschlag, dass ich wieder ins Bett gehen könne ignoriere ich.
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Das ist ja ein toller Auftakt zu meinem Pilzchat-Morcheltreffen.
Und so hatte alles begonnen:
Schon im letzten Jahr haben wir, die Chatter vom Pilzepilzeforum, uns im Spessart getroffen. Anlass war Renates Geburtstag. Im Winter haben wir viel über Morcheln resümiert und so wurde die Idee geboren zu mir ins Allgääu zu fahren, um hier sie Morcheln zu finden, die weiter nördlich in Deutschland eher rar sind, oder wie ich meine, einfach nicht gefunden werden, weil sie sich so gut verstecken können. Matthias aus Alzenau, war derjenige, der als Feinschmecker, unbedingt Erfahrung bekommen wollte und alle anderen waren auch nicht abgeneigt, obwohl Joachim von der Bergstraße und Matthias aus Stein schon Morchelfinder sind, ebenso Uschi aus Wolfenbüttel. Es ging ja auch nicht alleine um die Morcheln, sondern wir hatten uns im Spessart so gut miteinander verstanden, dass wir uns einfach wiedersehen wollten. Renate suchte schon lange vergeblich Morcheln, sie wollte einfach wissen, wo und wie diese Pilze wachsen. Neu dazugekommen war Bettina von Rügen, die sich in den Chat mit dem Namen "Morchel" eingeloggt hatte, aber dazu sagen musste, sie hätte noch nie eine Morchel gefunden, geschweige denn gegessen. Glucki, Carmen, hat schon Morcheln gefunden, aber sie war auch neugierig und will das Treffen mit einer Woche Urlaub verbinden, dazu hat sie eine Freundin die bei Landsberg wohnt, diese möchte sie gleich mitbesuchen.
Allerdings ist es nicht so einfach 9 Leute zeitlich unter einen Hut zu bringen. Fordi aus dem Taunus konnte es nicht hinbringen, er ist Lehrer und 2 Tage am Wochenende fand er für den weiten Weg zu kurz und sagte ab, auch Matzi, Matthias aus Stein, sah wegen seiner Arbeit keine Möglichkeit zu kommen. Den Termin für das Treffen, hat eigentlich Matt aus Alzenau bestimmt und ich habe ihn übernommen und auf Matt`s Intuition gehofft, dass die Morcheln auch wachsen. Das Kommen und Gehen der Teilnehmer war dann sehr unterschiedlich, so habe ich mir ab dem 19. April eine Woche Urlaub genommen
So verlaufen die Anfahrstslinien der Teilnehmer. Fast “ganz” Deutschland ist auf dem Anmarsch.
Untergebracht sind die Leute in einem Gasthof, der 150 Meter von meiner Behausung entfernt ist. Optimaler gehts nicht. Renate und ihre Josy sind bei mir im Wohnzimmer untergebracht.
Mein Keller ist voller Getränke und der Kühlschrank ist proppenvoll. Nun kann die Besucherwelle rollen.
Der Terminkalender ist eher ein Wirrwarr: Glucki kommt irgendwann am 17. - das habe ich ja schon mitbekommen...! Uschi landet am 19. um 15:56 am Bahnhof, Bettina muss ich am 20. um 10:23 dort holen, Natschi ist am Dienstag irgendwann mit dem Auto da. Matt ist auch Autofahrer und trudelt am 23. ein, Joachim kommt wiederum mit dem Zug, allerdings erst am Donnerstag um 12:57, an diesem Tag muss Bettina um 17:34 schon wieder weg. Freitag und Samstag..., nanu da kommt oder geht ja keiner! Sonntag fahren Matt und Natschi wieder und Uschi ist um 18:25 zum Zug zu bringen. Wenn ich mir das so ansehe, bin ich neugierig, wann wir nach Morcheln schauen sollen?
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Der arg lange Winter hätte uns beinahe noch einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn mein Morcheltermin im März, an dem ich die heißgeliebten Erstmorcheln finde, lag unter Schnee und mir wurde Angst und Bange, ob es überhaupt Morcheln zum Treffen gibt. Der 23. März brachte noch jede Menge Schnee und die "Morcheln" deren Bilder ich ins Pilzforum stellte, sahen eigenartig aus.
Doch nun fahre ich nach Erpfting und mache mit Carmen die ganze Umgebung dieses Ortes unsicher. Alle möglichen und unmöglichen Plätze suchen wir ab: Den Eschenwald oberhalb des Dorfes, von den Holzstößen die hinter den Häusern gestapelt sind bis zum Rindenmulch mit dem der Kreisverkehr der Ortsmitte bestreut ist. Finden tun wir nichts, es ist aber auch zu trocken. Bald werden wir von einigen Einwohnern argwöhnisch beäugt, wie sollten sich die Leute vorstellen, was wir tun? Von Morcheln haben sie sicher keine Ahnung und wenn, dann kämen sie niemals darauf, dass wir hier im Ort welche suchen.
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Das Wetter schlägt plötzlich um, Richtung Alpen braut sich ein Gewitter zusammen, schwarze Wolken, Blitze zucken, oh, warum so weit weg, sicher regnet es da, warum nicht hier im Alpenvorland, hier könnte ich jeden Tropfen gebrauchen. Es wird Zeit für Carmen heim zufahren. Erst ratschen wir noch am Auto, dann beginnt es fein zu nieseln. Wir gehen auf die Terrasse der Ferienwohnung und plappern weiter. Ich wollte aus meinem Auto schon einen Schirm mitnehmen, ach was, wegen der paar Tropfen. Das leichte Lüftchen wird zum Wind. Wir quatschen weiter über Morcheln und Morcheln und dann setzt ein Regen ein, der sich “Sie” schreibt und ich verabschiede mich mit: "Wir rufen uns zusammen!"
Durch große Regentropfen renne ich die 40 Meter zum Auto und bin klatschenass. Herrlich, es regnet, es gießt, mein Morchelherz jubelt. Durch dieses wunderbare Nass taste ich mich zur Autobahn, alles schwimmt, Höchstgeschwindigkeit zwischen 60 und 70 km/h. Bei Buchloe bin ich aus dem Regen raus, die Welt sieht wie gewaschen aus. Einen solchen Regen habe ich das ganze letzte Jahr vermisst. In Kaufbeuren fahre ich in den Kreisverkehr ein, aber Hallo! was soll das, alles trocken hier? Das kann doch nicht wahr sein! Im Rückspiegel sehe ich noch die schwarzen Wolken am Horizont.
Ich durchquere Kaufbeuren bis zu unserem Haus, alles staubtrocken, Zweiglein und Blätter hat es auf die Straße geweht. Mein Sohn klärt mich auf, es wäre ein kurzer heftiger Sturm gewesen und es habe auch einige große schwere Tropfen geregnet, ich sehe sie auf der Haube seines Autos glänzen. Ich überlege: Auf welchem meiner Morchelplätze könnte es geregnet haben, wo könnte ein Morchelchen spitzen, morgen kommt Uschi, meine Güte die Zeit wird knapp. Seit 14 Tagen bin ich die Morchelgebiete in meiner Umgebung abgefahren, da und dort gab es ja schon welche, einige, wenige.
Klar habe ich die ersten auch geerntet, einige lies ich stehen, die hat dann der Schnee nochmals zugedeckt. Unter dieser weißen Decke, warteten sie auf die Schneeschmelze. Sie wuchsen auf der Stelle, die jetzt alle Jahre die ersten Morcheln hervorbringt. Auch die erntete ich nachdem der Schnee wieder weg war, nun bin ich schon drei Wochen nicht mehr dort gewesen, damit ich nicht in Versuchung komme die nachwachsenden auch noch mitzunehmen. Mein Besuch soll ja schließlich Morcheln finden. Ich will ihnen nicht nur erzählen, hier haben mal welche gestanden...!
Auch auf anderen Stellen habe ich noch Kleinstmorchelchen stehen gelassen, in der Hoffnung, dass sie Zuwachs bekommen. Einen Supermarkt habe ich entdeckt mit einem vielversprechenden Rindenmulchparkplatz. Doch die Rimumos (Rindenmulchmorcheln) wachsen erst nach den Waldmorcheln, es wird fraglich sein, noch in dieser Woche dort fündig zu werden. Speisemorcheln wachsen noch später! Hätte ich das Treffen lieber später ansetzen sollen? Alles Quatsch, die Besucherwelle rollt, die Zimmer sind bestellt, jetzt heißt es nur noch hoffen, etwas findet man immer und wie Joachim schon sagte, sollte es keine Morcheln geben, sieht er das überhaupt nicht tragisch, Hauptsache wir treffen uns, mit diesem Gedanken beschwichtige ich meine Ängste.
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