Pilze September 2008

Wieder daheim, muss ich meine Wälder aufsuchen, um zu sehen was in meiner Abwesenheit pilziges gewachsen ist. Der Altweibersommer ist ins Land gezogen. Dicht sind die kleinen Flugfichten zugesponnen. Viele Herbstpilze haben sich eingefunden. Steinpilze suche ich fast vergeblich, nur Einzelgänger sind unterwegs.  Die Kraterellen sind am Vertrocknen, zugleich wachsen sie aber auch, seltsam. Schafeuter,  Nebelkappen und Glimmerschüpplinge drücken. Schnecken haben ganz besondere Vorlieben. Den Glimmerschüpplingen fressen sie Wendeltreppen in den Stiel, die Hüte und deren Huthaut verschmähen sie. Wenn ich solches sehe, danke ich immer: Warum? Sicher werde ich das erst erfahren, wenn ich als Schnecke wiedergeboren werde, igitt, welch ein furchtbarer Gedanke! Anderseits?

Sollte ich dann in einem Steinpilzwald leben? Den ganzen Tag Pilze essen können? Jein, ich verwerfe den Gedanken lieber.

Einen Weißen Wollstielschirmling oder Gallen auf einem herbstlichen Buchenblatt zu entdecken macht mehr Spass!

Viele Jahre schon, habe ich einen Pfifferlingswald vernachlässigt, er war mir zu überlaufen. Jetzt Mitte September zieht mich die Neugierde zu ihm. Faustgroße Pfifferlinge stehen in Gruppen, auch frische, noch essbare Exemplare finde ich.  Kleine Seltenheiten, wie der Duftende Gürtelfuß drücken aus dem Moos. Risspilze, die ich nicht bestimmen kann begegnen mir. So wie es hier aussieht, geht da kein Mensch! Das wird sich ab dem nächsten Jahr ändern.

In der zweiten Septemberhälfte sind die Steinpilze zur Rarität geworden. Dabei hatte ich so fest mit einem 3. Schub gerechnet, wer weiß was denen am Wetter nicht passt. Ich finde es pilzig und viele andere Pilzarten auch. Nicht zu warm nicht zu kalt und der Boden ist feucht. Dies bleibt für mich ein Geheimnis der Pilze. Am 25. September gibt es einen Ansatz. Einige kleine Steinis und dann: Das!

Normalerweise ignoriere ich solche verschneckten Pilze, leider ist aber sonst nichts zu holen. Widerwillig ernte ich das durchlöcherte Teil, obwohl ich zuerst nicht weiß wie ich es überhaupt anfassen soll.

Wie der Herrgottsschnitzer von Oberammergau komme ich mir vor, bis der Pilz vom Schleim der Schnecken und von Fraßstellen befreit, fein aufgeschnitten genießbar ist. Wenigstens ist er madenfrei.

Voller Freude entecke ich neben sehr vielen “normalen” Pfifferlingen den Cantharellus ianthinoxanthus. Ich hoffe schon wieder ein Massenvorkommen an gewichtige Stelle melden zu können, doch nach einer Woche sind diese Pilze weg. Eindeutig in Schneckenmägen verschwunden, diese Mistviecher. Sie könnten doch Scharfe Korkstachelinge vertilgen, diese stehen unangetastet und überaltert bei jedem zweiten Baum in diesem Hang. Enttäuscht verlasse ich den Pilzfriehof.

Doch der Wald bietet mehr, als man erfassen kann. Verzückt entdecke ich Mama und Junior von Geselligen Schwefelköpfen, Sparrige Schüpplinge und den Ziegelgelben Schleimkopf. Letzterer eine essbare Art der großen Cortinarienfamilie.

Ende September läuft mir ein Reh über den Weg. Falsch, es kommt mir auf einem Waldweg entgegen. Es gibt mir sogar Zeit, die Kamera zu zücken. Sichtbar sucht es nach einem Fluchtweg. Doch es entscheidet sich für die Flucht nach vorn. Ich bin so perplex, dass ich den Moment, als es einen Meter an mir vorbeiläuft nicht erfassen kann. Nur noch von hinten bekomme ich ein Bild von seinem Spurt, bevor es im Walddunkel verschwindet.

Pilzmäßig läßt dieser Tag sehr zu wünschen übrig. Ein Fliegenpilz! Die Mäuse haben die Steinpilze entdeckt, es gibt nur noch mit Mäusekot verdreckte Brösel. Egal, die Begegnung mit dem Reh war für mich einzigartig und unvergesslich.