Morcheln 2003 - 1

23. März 2003

Letzte Woche habe ich meine erste Morchel gefunden! geht es jetzt los? Das Wetter ist ausgesprochen antipilzig. Herrlichster Sonnenschein jeden Tag, in der Nacht recht  frostig bis minus 5 Grad und von Regen keine Spur. Kaum zu glauben, dass solches Wetter zum Meckern Anlass gibt, aber Pilzgeher sind eben ein eigens Völkchen. Kaum einer kann verstehen, wenn ich bei richtigem Sauwetter in Entzücken gerate. Natürlich muss ich auch bei dem zur Zeit herrschenden Wetter schauen gehen. Man kann ja nie wissen, wo im Wald die Feuchtigkeit groß genug ist um doch Pilze wachsen zu lassen. Klar bin ich wieder auf der Stelle unterwegs, die mir meinen Erstfund beschert hat. Sehr lange muss ich schauen, bis ich die kleinen Morchelchen entdecke. Zu klein zum Mitnehmen sind sie allemal. Ich lasse sie stehen, hoffentlich vertrocknen sie nicht.

Ungenießbare Pilzchen entdecke ich am Wegesrand möglicherweise Fichtenzapfenrüblinge.

Einen Lichtblick gibt es auf dem Heimweg. Voriges Jahr habe ich eine kleine Ecke mit Bärlauch gefunden, die suche ich auf. Freudig überrascht bin ich die kleinen Pflänzchen sprießen zu sehen. Halbvoll wird mein kleines Körbchen. Das gibt eine feine Suppe! Auf den Morchelgeschmack muss ich aber trotz Missernte nicht verzichten. Die Vorratsgläser zu hause beinhalten noch einiges an getrockneten Morcheln. Mit Spargelspitzen veredel ich das Ganze, ein fürstliches Essen, ein Hochgenuss aus der Natur.

 Die Hauptbeschäftigung der Pilzgeher steht wieder an: Warten auf Sauwetter.

6.April, heute besuche ich meine Morcheln! Es hat geregnet und geschneit, also es gab Wasser, viel Wasser! Ob sie gewachsen sind, ob sie sich vermehrt haben, ob ich an anderen Stellen auch was finde? Solche Fragen tanzen bei der Hinfahrt durch meinen Kopf. Die Spannung steigt mit jedem Kilometer. Inbrünstig flehe ich, dass nicht etwa Holzfäller meinen Morchelplatz zum Holzlagerplatz gemacht haben. Vor Jahren ist mir das mal passiert, ich war beim Anblick des Holzstapels fix und foxi.

Endlich bin ich am Waldrand, ich schnappe mir meinen Korb mit allen nötigen Utensilien und marschiere los. Zwangsläufig komme ich an drei Morchelstellen vorbei, da gab es in diesem Jahr noch nichts. Heute auch nicht. Mein Schritt wird schneller, weiter zum Morchelweg. Wenn Morcheln groß sind sieht man die Knubbels schon von weitem, noch zwanzig Meter, kein Knubbel, nein?

Ich muss schon sehr nahe hin, die "Neuen" fallen mir gleich ins Auge, obwohl sie noch klein sind, klasse Zuwachs! Ah, da und dort ist eine gewachsen. Ich schaue weiter, wo ist denn meine mir bereits bekannte? Ach, da! Die habe ich mir anders vorgestellt, eben größer. Gewachsen ist sie schon, das Volumen hat sich verdoppelt aber was zählt es wenn sie doch so klein war! Zählen, das muss ich sie jetzt. Sechs neue, also sieben. Noch einmal: acht? Noch einmal: sieben?? Also noch einmal, aber ganz genau: Neun!  Sie sind halt noch sehr klein

Und nun? Nun muss ich sie stehen lassen. Ausgesprochen schwierig ist das, mir blutet das Herz, hier im Wald muss ich euch lassen, so ganz alleine. Puh, die Vernunft siegt, endlich reiße ich mich von ihrem Anblick los und gehe zum Parkplatz zurück.

Wohin fahre ich jetzt? Weiter nach Norden, wo die Morchelplätze tiefer liegen! Zwölf Kilometer weiter: Ich betrete den Eschenhain genau an der Stelle, an der die Morchel steht. 

 Das ist super, also auch hier wachsen sie. Vorsichtig schleiche um sie herum, aber ich kann keine zweite entdecken. Ich dehne meinen Spaziergang noch aus, um andere Eschenecken leider erfolglos zu überprüfen. Das kann doch nicht sein, eine! Ich kehre zu ihr zurück und siehe da, noch eine. Schätze ich habe beim Fotografieren fast die Kamera draufgestellt. Meine Fahrt geht weiter in das große Waldgebiet östlich von Kaufbeuren. Hier kenne ich viele Morchelstellen. Aber die Gegend liegt auf 800 Meter Höhe und noch höher hier rechne ich mir keinen Erfolg aus, aber hinschauen muss ich trotzdem. Stellenweise liegt noch Schnee. Das pflanzliche Wachstum ist recht mickerig. Nur zarte Blässe, feinste Grashalme, Brennesselchen, Pestwurzblättchen spitzen aus dem Boden, Moose haben  ein helles Grün aufgesteckt. Ein besonders frühes Plätzchen suche ich auf, das Wassereck, hier haben wir schon oft die erste Morchel entdeckt, aber nicht heute. Ich weiss allerdings, dass ich auf diesen Waldwegen Konkurrenz habe, also darf ich nicht denken, dass bisher noch nichts gewachsen ist. Ob diese Leute allerdings auch so früh unterwegs sind, dessen bin ich mir nicht sicher. Einen recht  schattigen Waldweg nehme ich noch unter die Lupe und die könnte ich  wirklich gebrauchen. Die kühlste Stelle unter Fichtenzweigen lässt mich eine Morchel entdecken. Sehr lange muss ich hinsehen, dann entdecke ich noch zwei, die ganz ins Moos geduckt sind. Welch Freude, noch ein  Plätzchen, also scheint es sich überall zu regen. Diese drei Pilze  decke ich ab um sie anderen Morchelsucherblicken zu entziehen. 

Alle Pilzchen durften zum Wachsen im Wald bleiben. Ich wünsche mir einen  warmen Frühjahrsregen.                                 

Denkste, bitterkalt ist es geworden mit empfindlichen  Nachtfrösten. Was wird aus den Morchelchen werden? Erfrieren, vertrocknen oder doch weiter wachsen? Freitag komme ich wieder!