Morcheln 2003 - 4

1. Mai 2003

Gestern hat es endlich geregnet, nicht nur ein paar scheinheilige Tropfen, nein es fiel echt Wasser vom Himmel. Zwar strahlt heute die Sonne wieder, aber der Boden ist feucht und es stehen sogar einige Pfützen.  Die Alpen, die ich von hier aus sehe, haben bedeutend weniger Schnee, also ist es Zeit dort nach Morcheln zu suchen. So ganz schnell bin ich heute morgen nicht, schließlich ist Feiertag, aber mit Morcheln, die in meinem Kopf jede Gehirnwindung belegen ist an Schlaf nicht zu denken. Nach dem Frühstück sammele ich alles zusammen was ich so brauche, viel ist es nicht, denn wenn die Sonne scheint, kann ich so wie ich angezogen bin überall hin. Unterwegs steigen alle Morchelstellen vor meinem geistigen Auge auf, die ich abklappern will. Zugleich sind auch alle Funde wieder in meinen Gedanken, die ich in den letzten Jahren auf eben diesen Orten gemacht habe. Gleich der erste Halt den ich mache, gibt kein Morchelchen her, das sehe ich aber nicht besonders eng, denn an dieser Stelle wächst nicht unbedingt eine Morchel, von 0 bis 10 Stück kann hier alles los sein, weiter geht's in höhere Regionen. Letztes Jahr habe ich 3 neue Plätzchen entdeckt, einen davon besuche ich als nächstes. Nicht zu fassen, aber 5 mal umrunde und durchschreite ich diese Ecke bis ich alle Morcheln finde, sechs Stück kommen zusammen. Die Pilze wachsen also, guten Mutes fahre ich den nächsten Platz an. Einen knappen Kilometer muss ich laufen. Die Stelle liegt ca. 10 Meter neben einem Bach.

Drei Meter bin ich noch entfernt, da leuchtet mir die erste Morchel schon entgegen, herrlich auch hier warten sie auf mich. Automatisch beginne ich zu zählen. Bei 22 happert es, längeres Suchen bringt mich auf 29. . ., das war es dann. Ich drehe noch eine Runde  am Bach entlang, allerdings erfolglos. Warum eigentlich 29, die 30ste werde ich doch noch finden. Noch mal beschaue ich mir den Platz von allen Seiten und aah, da steht die doch die 30! . . .und die 31 und die 32 . . .? Dann ist endgültig Schluss. Oh freue ich mich. Ist das nicht ein wunderbarer Tag. So viele schöne Morcheln habe ich in meinem Korb, die Sonne lacht, der Frühlingsenzian steht in voller Blüte, es ist nicht zu warm und nicht zu kalt und ich muss noch einige Stellen aufsuchen ,um weitere Morcheln zu finden.

Mein nächstes Plätzchen ist sehr schattig und die Morcheln sind im Wachstum meistens zurück, das liegt daran, dass der Schnee hier erst spät schmilzt. Sehr genau muss ich schauen bis ich die erste Morchel entdecke, sie ist aber auch sehr winzig, eine durchaus mitnehmenswerte und noch zwei Miniaturen, sind gewachsen. Zweitere  lasse ich stehen, hier habe ich keine Konkurrenz und in einer Woche komme ich wieder! Nächster Punkt, das Bachbett, ein ehemaliger Superplatz! Vor Jahren standen hier die Morcheln mitten in den  Bachkieseln. Weit und breit gab es kein Pflänzchen inzwischen ist das Bachbett eher eine Kuhweide und Gras, Klee, Löwenzähne, Seggen und Huflattich haben eine Grünfläche daraus gemacht. Der Bach ist in ein Bett eingezwängt, das er nur bei extremen Hochwasser verlassen kann, so sind die Morcheln über die Jahre immer weniger geworden. Heute nur eine!

Meine weitern Morchelstellen liegen alle über 1100 NN, das macht sich in ihrer Größe bemerkbar. Jede Menge Winzlinge entdecke ich, sie dürfen weiterwachsen. Bis auf eine, die bereits die Mitnehmgröße hat. Bei der weiteren Suche gehe ich leer aus, bis an die Schneegrenze bin ich gefahren, hier stehen die Wiesen noch voll mit Gebirgskrokussen. Diese kleinen Blumen erscheinen, sobald der Schnee weg ist und färben die Wiesen wiederum weiß, allerdings mit einzelnen violetten Tupfen, denn jede hundertste etwa hat diese Farbe.  

Einen Teller voller Prachtmorcheln habe ich heute heimgebracht, für feinste lukullische Genüsse.  Siehe da! Meine Schwiegertochter und mein Enkel waren auch in den Pilzen, Speisemorcheln und zwei Spitzmorcheln haben sie heimgebracht. Vom steilsten Morchelberg den ich kenne. Da werde ich in zwei Tagen "Nachlese" machen müssen.

 Die Morchelzeit ist für mich immer die schönste Zeit des Jahres.      Spannende Aufregungen und wunderbare Erfolge gibt es zu erleben.